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Einst Rathaus, heute Stadtbibliothek

Um das „alte“ Stadthaus im Herzen der Moselmetropole soll es hie gehen. Angenommen wird, dass es nicht das erste Rathaus war, das an dieser Stelle stand. In seiner unveröffentlichten Kartular-Chronik weist Joseph Hurt ab 1637 mehrmals auf eine Notiz betreffend das Stadthaus hin. So heißt es 1637: „Bey dem Statthauss“, derweil 1681 „die Schull im Statthauss“ erwähnt wird.

Das Grevenmacher Stadthaus und der obere Teil der Großstraße im Jahr 1910. (Gemeindearchiv Grevenmacher)

Die pittoreske Beschreibung, mit der Hurt alsdann aufwartet, soll hier keineswegs vorenthalten werden:

Der Ursprung unseres Stadthauses liegt im Dunkel der Vergangenheit. Mit der Freiung (Anm.: mit dem Freiheitsbrief) wurde 1252 in der Neusiedlung Grevenmacher gewiss ein erstes Stadthaus errichtet. Wie oft wohl seither an demselben verändert und gebaut worden ist, entzieht sich unserer Kenntnis. So, wie wir es etwa 1500 bis 1600 in den Akten finden, besaß es einen Vorbau, der auf massiven Mauerstützen oder Pfeilern stand, die in denselben „Steilen“ genannt werden. (…)

Das Stadthaus repräsentierte die Selbständigkeit der Bürgergemeinde, es war ihr Stolz. Hier im Rathaus und um dasselbe flutete das kleinstädtische Leben in seiner ganzen Buntheit. Um dasselbe der Markt, der besonders an Markttagen ein abwechslungsreiches Bild bot. Und in demselben die vielgestaltige Verwaltung der Stadt. Hier tagten die Richter und Schöffen im Stadtgericht, hier hatte der vereidigte Stadtschreiber seine Amtsstube, wo die Akten aufgenommen wurden, hier kamen Bürgermeister und Parteimeister zusammen, um über Stadt und Bann, Wald und Weide, Wege und Wasser zu befinden, hier versammelten sich die Zünfte zu Rat und Tat, zu Lust und Lehr, hier wurden „nach getanem Glockenzeichen“ die Gemeindeversammlungen abgehalten, wenn dieselben wegen ungünstiger Witterung nicht auf dem offenen Marktplatz stattfinden konnten, hier waren die Stadtmaße und Stadtgewichte, Stadtwage und Stadtsester (Anm.: Ein altes Hohlmaß für Getreide und Flüssigkeiten) untergebracht, hier wurden jährlich Richter, Bürgermeister und Parteienmeister (Anm.: Die Vorsteher der verschiedenen Stadtviertel) gewählt, hier befand sich auch der Stadtsaal, in dem die Feiern und die Fest- und Schöffenessen stattfanden, hier befand sich auch lange Zeit die einzige Stadtschule. Im Stadthaus oder vielleicht eher noch im gegenüberliegenden Stadtturm, wo auch das Stadtgefängnis war, war auch die Folterkammer untergebracht, von der in manchen Akten die Rede geht: 1628 wird eine Tortur erwähnt, (…), 1692 lesen wir vom Henker.

In seiner jetzigen Form wurde das Rathaus 1850 umgebaut, nachdem bereits am 27. Dezember (wohl 1849, diese Jahreszahl fehlt) im Gemeinderat ein Balkon für dasselbe bestimmt worden war. 

Lassen wir ebenfalls Philippe Knaff zu Wort kommen. Er berichtet 1867:

„Inmitten der Stadt, nächst der Kirche, steht deren gefälliges Stadthaus, welches im Laufe des 17. Jahrhunderts erbaut worden zu sein scheint; die Façade desselben, im dorischen Stile ausgeführt, ist mit einem Balkon versehen, von welchem herab die Urteile des Stadtgerichtes in Kriminalprozessen verkündet wurden, während der Verurteilte auf der rechten Seite des Gebäudes, in einer Nische, dem sog. Lumpenring, (an einem eisernen Halsbande befestigt), der öffentlichen Schau bloßgestellt war. In diesem Stadthaus, dessen Umbau vom Jahre 1850 der ursprünglichen Bauart desselben nicht entspricht, befinden sich mehrere geräumige und gut eingerichtete Lokale für den Gemeinde- und Friedensgerichtsdienst, dazu noch das Stadtgefängnis.“

Im September 1944 wurde das Grevenmacher Stadthaus durch die Sprengungen schwer beschädigt. Bei der Restaurierung 1949 wurde das Gebäude im alten Stil wiederhergestellt.

Stadthaus nach dem Zweiten Weltkrieg. (Fotos: Gemeindearchiv Grevenmacher)
Kleine und große Leseratten werden fündig in der gut bestückten Grevenmacher Stadtbibliothek. (Foto: Emile Krier)

Bis November 2007 fungierte das „alte“ Stadthaus als Rathaus. Dann zog man in das neue Stadthaus um. Nachdem einige Umänderungen und Verschönerungen an der „alten Gemeinde“ getätigt worden waren, konnte im Sommer 2009 die Stadtbibliothek, die bis dahin im Osburg-Haus untergebracht war, umziehen.

Mittlerweile empfängt die gut bestückte Bibliothek, in der man auch auf e-books zurückgreifen kann, dreimal wöchentlich recht zahlreiche interessierten Leserinnen und Leser.

Ein farbenprächtiges Glasfenster schmückt die Eingangstür im alten Stadthaus von Grevenmacher. (Foto: Archiv Jean Welter)

Ein „historisches“ Glasfenster

Als bleibende Erinnerung an „750 Joer Fräiheet fir Gréiwemaacher“ im Jahr 2002, beschlossen Gemeindeverantwortliche und Kulturkommission, ein farbiges Glasfenster als Oberlicht über der Eingangstür des damaligen Stadthauses anfertigen zu lassen.

Entworfen wurde dieses besondere Fenster von Dipl.-Ing. Kurt Scheuer aus Oberbillig und ausgeführt von seiner Tochter, der Glasmalerin Heidemarie Scheuer, in deren Werkstatt in Kanzem bei Konz.

Die Verglasung, für die ausschließlich Echtantikgläser verwendet wurden, besteht aus fast 80 einzelnen Scheiben, mit Bleiruten zusammengesetzt. Das beachtenswerte „Dokument“, das von einer braunen Schriftrolle mit dem Namen „Makeren“ überragt wird, ist mit zahlreichen geschichtlichen Details betr. das Wesen und Werden von Grevenmacher versehen. Rechts neben dem Schriftzug befindet sich, nur angedeutet, das legendenumwobene Kreuz auf dem Kreuzerberg. Besonders gelungen ist die Vision der Festungsanlage, mit dem wuchtigen Wacht- und Wehrturm sowie mit Stadttürmen und -toren in der Mitte des Fensters.

Auf der Mosel sind Flussszenen dargestellt. Links im Glasfenster befindet sich die Schrift: „Maacher Fräiheet 1252“, in Anlehnung an die Freiheitscharta, die Graf Heinrich der Blonde damals überreichte. Daneben steht das Marktkreuz. Es erinnert an das im Jahre 1357 von Herzog Wenzel I. verliehene Marktrecht.

Die rechte Seite des Fensters ist eher gegenwartsbezogen: „Grevenmacher 2002“ steht über der lateinischen Inschrift: „Perstet et aeterna Pace fruatur + Amen“. Was so viel bedeutet wie: „(Grevenmacher) soll weiterbestehen und sich des ewigen Friedens erfreuen + Amen.“ Rechts neben der Inschrift sieht man den Kirchturm in seiner heutigen Form, die Kreuzkapelle als Symbol der Ortschaft sowie ein mit Trauben gefülltes Römerglas mit Rebenblättern, das auf die Bedeutung der Stadt als Weinmetropole hinweisend. Auch der legendäre „Blannen Theis“ wartet mit einer Weise auf, zusammen mit seiner Frau und seinem Hund.

In der oberen rechten Ecke befindet sich schließlich das Signet von Heidemarie und Kurt Scheuer. Besonders beeindruckend ist dieses einmalige Glasfenster, das von innen betrachtet werden will, wenn die Sonne darauf scheint.

 

                                                                                          Monique Hermes

 

Quellen:

Hurt, Joseph (Nachlass): Grevenmacher. Einer Moselstadt geschichtliches Werden und Wachsen. Von den Anfängen bis 1800. Unveröffentlichte Kartularchronik, Gemeindearchiv Grevenmacher.
Knaff, Philippe: Geschichtliche Abhandlung über die Stadt und ehemalige Festung und Landrichterei Grevenmacher, 1867.
Welter, Jean: Ein Fenster erzählt Geschichte, in „1252-1952 750 Joer Fräiheet fir Gréiwemaacher, E Réckbléck“, 2002.
Die Beiträge über das alte Stadthaus wurden bereits veröffentlicht in den Gemeindebulletins 7/2016 und 8/2016. (Update: Mee 2022).

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