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Auf dem Schiltzenplatz: Herberge, Volksschule, Postgebäude

Orte mit Geschichte gibt es viele in der Moselmetropole. Manche wurden 2019 und 2020 im Gemeindebulletin vorgestellt. Zu diesen geschichtsträchtigen Orten gehört zweifellos der Schiltzenplatz. Samt der dazugehörigen Straße, als „rue Schiltzenplatz“ ausgewiesen, liegt er vor dem jetzigen Postgebäude.

Blick vom Grand Hôtel Fédick in Richtung Schiltzenplatz (um 1915).
(Foto: Gemeindearchiv Grevenmacher)

 

Der Name kommt vom letzten Herbergsvater („aubergiste”) und Postmeister Jean Schiltz-Huberty. „Le dernier maître de poste de Grevenmacher était l’aubergiste Jean Schiltz-Huberty, nommé depuis 1846, qui tenait l’Hôtel de la Moselle. (…) Il restait en service jusqu’à la suppression de la Poste aux chevaux (1er janvier 1857)”, heißt es in zwei später dokumentierten Beiträgen.

Zur Erinnerung: Damals war Postkutschenverbindung Luxemburg-Grevenmacher-Trier, die 1733 aufgenommen und 1861 eingestellt worden war, über lange Jahre die einzige Verbindung von Grevenmacher aus. Ein interessantes Detail: Der Vater des in Grevenmacher geborenen Malers Frantz Seimetz (1858-1934), der ebenfalls Franz Seimetz hieß, war eine Zeitlang Fuhrmann im Ort, was seinem Sohn den Beinamen „Korriesch Frantz” oder „Korriesch Rouden” – wegen seiner Haarfarbe – einbrachte.

Doch zurück zum Schiltzenplatz! Der ehemalige Name des Ortes lautete „in den Schiltzengärten”, und diese waren, samt Haus und Ställen, von einer Ringmauer umgeben. Die ausführlichste Beschreibung des Ortes liefert uns der ehemalige Grevenmacher Distriktskommissar Jos. Faber (1887-1960). Auf ihn berufen wir uns denn auch für die folgenden Erläuterungen.

„Bis gegen 1860 war der hochansehnliche Schiltzenhof eines der Gasthäuser an der großen Heerstraße, wo die Diligencen ausspannten und andere Fuhrwerke anhielten (…). Weitere Gärten dehnten sich bis zum Schweinsmarkt hin”, schreibt Faber und fügt hinzu: „Gerade in diesem Winkel musste demnach reges Leben herrschen. Im Schiltzenhof spannten abends die Postkutschen und die Messagers aus, die in der Frühe des nächsten Morgens wieder auf die Landstraße hinausmussten.”

Ende des 19. Jahrhunderts wurde auf dem Schiltzenplatz Schule gehalten. (Foto: Archiv Photo-Club Flash Grevenmacher)

 

Alsdann weist Faber darauf hin, dass beispielsweise König(-Großherzog) Wilhelm (II.) der Niederlande, der 1846 durch Grevenmacher fuhr, im Schiltzenhof die Pferde wechselte, und dass Ende der 1850er Jahre die Geschäfte in der Schiltzen-Auberge schlecht liefen, weil sich die Landstraße nach dem Bau der Wilhelm-Luxemburg-Bahn „entvölkerte”. Kurzum, um 1860 erwarb die Gemeinde Grevenmacher „das große, riesige Anwesen zum Apfel- und Stück Brot-Preis von 17.000 Franken.”

„In die Ställe und Scheunen wurden Schulen verlegt, und ins Hotel selbst die Schulmeister.” Zuerst waren im Schiltzenhof die Knabenschulen untergebracht, später hielten die Schulschwestern – „Religieuses de la Doctrine Chrétienne” – sie waren in Grevenmacher tätig von 1857-1992 – Einzug mit den kleinen Mädchen. „Wir haben unsere ersten Hosen in der Schule des Herrn Biermann abgerutscht”, bemerkt Jos. Faber, bevor er darauf hinweist, dass 1890 das Hotel, „die würdige, alte Kiste zum Hôtel de la Sous-Préfecture avancierte.”

„In den (18)90er Jahren wurde gewechselt. 1922 wurden die Schulen im Schiltzenhof und in der Trierer Straße verlassen und gegen die neuen, lichtdurchfluteten Räume auf „Kopgewan” ausgetauscht,” heißt es weiter.

Nach der Jahrhundertwende verkaufte die Stadt Grevenmacher den großen Bering der Schiltzengärten, der fast bis zum „Schweinsmoart“ reichte, als Bauplätze, „was der Stadtkasse nicht weniger als das Dreifache dieser 17 Tausender einbrachte”, fügt Faber hinzu. Interessant ist ebenfalls die genaue Situierung der Gärten, die Faber mitliefert, nämlich: „zwischen dem damaligen Hôtel Hastert und den bereits verlassenen Schulen. (Ergänzend sei hinzugefügt, dass dieses Hôtel Hastert vorher (Grand) Hôtel Fédick hieß, dass später das (Grand) Hôtel Métropole daraus wurde und dass sich dann eine Zeitlang das Hôtel Restaurant Le Roi Dagobert in den Gebäulichkeiten befand.)

Das neue Postgebäude Anfang der 1940er Jahre. Damals hieß der Schiltzenplatz zeitweilig „Place de la Poste“. (Gemeindarchiv Grevenmacher)

 

Heute markiert der stattliche Bau des Postgebäudes den Schiltzenplatz. Er wurde Mitte der 1930er Jahre errichtet und am 1. April 1937 eingeweiht. Im Gebäude befindet sich zudem die „Administration de l’Enregistrement et des Domaines“. Im Gebäude war ebenfalls – bis 2015 – das Distriktskommissariat.

Als „rue Schiltzenplatz“ ist der Platz vor dem Postgebäude samt der angrenzenden Straße ausgewiesen. (Foto: Nicolas Hirtt)

 

Seit Juli 1998 thront die monumentale Joseph-Bech-Plastik auf dem Platz. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts findet man Spuren der Familie Bech in Grevenmacher. „Joseph Bech (*1887) ist eine derjenigen Persönlichkeiten, welche die luxemburgische Politik des XX. Jahrhunderts maßgeblich bestimmt haben. Dabei denken viele an Bech, den Europäer, der den Beitritt Luxemburgs für jene internationalen Organisationen betrieb, welche die Sicherheit des Großherzogtums garantierten und dessen Prosperität förderten. Anderen ist Joseph Bech aber als Protagonist des „Maulkorbgesetzes” in Erinnerung, dem unterstellt wurde, die politische Freiheit in Luxemburg zu beschneiden und ein diktatorisches Regiment einführen zu wollen. In der Moselgegend erinnern sich noch viele an den Weinbauminister Bech, der durch seine Jovialität und Bonhomie bestach. (…) Von 1914 (nachdem Philippe Bech, der Abgeordnete aus Grevenmacher und Präsident der Rechtspartei, Joseph Bechs Onkel, plötzlich verstorben war) bis 1959 stellte sich Joseph Bech regelmäßig den Wählern der Moselgegend und wurde meistens mit beachtlicher Stimmenzahl ins Parlament gewählt. (…) 1937 übernahm er das Ministerium für Weinbau und stand an dessen Spitze bis zu seinem Ausscheiden aus der Regierung im Jahre 1959. (…) Joseph Bech, der am 8. März 1975 verstarb, war ein Grandseigneur in der luxemburgischen Politik, mit all den Vorzügen, aber auch all den Nachteilen, die dieser Gattung eigen sind.” Das schreibt der talentierte Grevenmacher Historiker und Professor Emile Krier (1949-2002) in einem zehnseitigen Beitrag mit dem Titel „Joseph Bech” in der Broschüre „Lycée Technique Joseph Bech 1969-1989”. Und der namhafte Historiker Gilbert Trausch (1931-2018) leitet seinen Aufsatz „Joseph Bech (1887-1975) Un homme à facettes” in „nos cahiers Kanton Gréiwemaacher” 3/1999” ein mit diesen Worten: „Quand Joseph Bech est mort le 8 mars 1975 à l’âge de 88 ans, il a laissé derrière lui une carrière politique exceptionnelle tant par sa longueur que par son éclat.”

Heute markieren das Postgebäude und das Bech-Monument den Schiltzenplatz.
(Foto: Christophe Weiland)

 

Kein Wunder, dass das Denkmal für Joseph Bech auf dem Schiltzenplatz (und damit gegenüber dem Besch’chen Haus) steht. Kein Wunder, dass ein aus Grevenmacher stammender, international anerkannter Bildhauer, Architekt und Stadtplaner, Rob Krier (*1938) in den 1990er Jahren mit der Ausarbeitung 2,50 m hohen Bronzefigur des Staatsmannes von Format beauftragt wurde. Und nochmals kein Wunder, dass das Grevenmacher Lyzeum über Jahre hinweg den Namen „Lycée Technique Joseph Bech“ (LTJB) trug…

Monique Hermes – Gemeindebulletin 5 + 6/2019 – Update: Juni 2022

Quellen:

  • Jos. Faber (1887-1960): In den Schiltzengärten, in “Au’s Mâcher – Bunte Kleinstadtgeschichten”, als Anhang zu “Harmonie Municipale Grevenmacher – 1834-1959 – 125 ans”.
  • N. Poos: Die Post des Großherzogtums Luxemburg – Verlag P. Linden 1951.
  • Frank Wilhelm: Victor et François-Victor Hugo de passage sur la Moselle luxembourgeoise”, in “Die Warte”, LW, 20.12.1984.
  • Emile Krier: Joseph Bech, in “Lycée Technique Joseph Bech 1969-1989”.
  • Gilbert Trausch: Joseph Bech (1887-1975) Un homme à facettes”, in “nos cahiers – Kanton Gréiwemaacher – 3/1999”.
  • Monique Hermes, Emile Krier, Carlo Weber: “Gréiwemaacher. Mein Gemeen.” éditions revue s. a. 2016.
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