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Die Grevenmacher Festkantate und ihr Ursprung

Gréiwemaacher, Gréiwemaacher!
Dir, dem Kär vum Museldall,
Soll zu Éi‘ren haut erschalen
Uechter d’Land am Widderhall
Wat ons Stëmm u Kraaft ka bidden,
Wat se huet u waarmem Klank
Gréiwemaacher, Gréiwemaacher,
Dir zum Luef an dir zum Dank.

So lautet, in der jetzigen Schreibweise, der Auftakt zur Grevenmacher Festkantate, wie sie in einem zwölfseitigen Sonderdruck im Gemeindearchiv vorliegt. Die Titelseite dieses Sonderdrucks ziert jene (bekannte) Rötelzeichnung, die der Grevenmacher Maler Frantz Seimetz (1858-1934) im Jahre 1926 von seiner Heimatstadt gemalt hat. Darunter lesen wir, in der damaligen Schreibweise: GRE’VEMACHER – Festkantat vum Poutty STEIN – Musek vum Pe’ter FABER. Und weiter, immer in der damaligen Schreibweise: Ve’erstëmmege Männercho’er mat Beglédong ad libitum (Kann och mat Beglédong als estëmmege Cho’er oder als Solo gesonge gin). Auf Seite 1 wird diese Auflistung nochmals wiederholt, derweil unten vermerkt ist: „Tous droits d’exécution d’arrangement et de reproduction réservés. Copyright 1951 by P. Faber, Luxembourg.

Die Titelseite der Festkantate von 1951 (Gemeindearchiv Grevenmacher)

 

Wer lediglich diesen 35 x 27,5 cm großen Sonderdruck kennt, könnte annehmen, dass die besagte Festkantate, in welcher die Moselmetropole mit viel Liebe vorgestellt wird und in die sogar Grevenmacher Geschichte eingeflossen ist, für die memorable 700-Jahrfeier des Städtchens geschrieben und vertont wurde.

Bei diesem besonderen Jubiläum wurde die uns vorliegende Festkantate auch aufgeführt. Unter der Stabführung von René Thiry, mit der Beteiligung von Abbé Joseph Hurt (Text), der Solisten Josette Jacoby (Sopran) und Camille Felgen (Baryton) sowie von insgesamt 120 Sängerinnen und Sänger samt Orchestermitgliedern aus der Chorale Municipale „Ons Hêmecht“ aus Petingen, aus der Chorale Municipale aus Grevenmacher und aus dem „Grand Orchestre avec les artistes de la Musique de la Garde Grand-Ducale“. Die historische Aufführung fand im Beisein von Großherzogin Charlotte und Prinz Félix von Luxemburg auf dem „Stadthausplatz“ statt. Eine Kopie der Freiheitscharta wurde sowohl der Landesmutter als auch dem Bürgermeister von Grevenmacher, Victor Prost, symbolisch überreicht.

Was hat es nun wirklich mit der Festkantate und deren eigentlichen Entstehungsgeschichte auf sich? Wir berufen uns vornehmlich auf Will Reuland (1920-1997) aus Grevenmacher und auf dessen Beitrag „Die Festkantate von Grevenmacher“ in der Broschüre „Chorale Municipale Grevenmacher 1848-1973“, die ebenfalls im Grevenmacher Gemeindearchiv aufbewahrt wird.

Will Reuland schreibt: „Diese Festkantate von Putti Stein war nämlich in keiner Weise als offizielles Gesangstück von Grevenmacher gedacht, sondern war die Folge eines Ereignisses, das wir später beschreiben lassen (…).“ Hervorgehoben wird alsdann, dass die Entstehung der ersten Festkantate der 1929 gegründeten Grevenmacher Sektion des „Schmiereklub“ zu verdanken ist, und dass sie in ihrer damaligen Version uraufgeführt wurde bei besagter Gründung, am 30. November 1929. Diese „Zentral vum Gesank“ nannte sich „Schmiereklub“, weil die Mitglieder um P(o)utty Stein in verschiedenen Lokalen regelmäßig ihre „Kéisschmieren“ aßen.

Ein weiteres Mal kam die erste Festkantate, die aus der „Kantatenfabrik“ P. Stein & P. Faber stammte, zur Aufführung bei der offiziellen Feier des 45. Geburtstags von P(o)utty Stein, „eines unserer Besten, des wohlachtbaren Poeten und Minnesängers E. P. Stein“, wie Batty Weber (1860-1940) es 1933 in einem „Abreißkalender“ in der Luxemburger Zeitung ausdrückt, Der große „Poutty-Abend“ fand in illustrer Gesellschaft statt am Samstag, dem 1. Juli 1933 im damaligen Café Schneider-Conter in Grevenmacher (Schaffmill).

Wer waren der Autor, bzw. der Komponist der Festkantate und wie und wann kam es zur heutigen Form?

Der Autor, P(o)utty Stein (1888-1955), hatte Grevenmacher Wurzeln. Sein Vater, Ludwig Bernard Stein (1851-1907), war im Moselstädtchen geboren. P(o)utty Stein, der von 1912 bis 1920 in der luxemburgischen Forstverwaltung tätig war und von 1920 bis 1955 als Beamter bei der ARBED wirkte, gilt als Vater des Luxemburger Chansons. „Seine Vorbilder waren das französische Kabarett vom Pariser Montmartre und das Münchener Überbrettl“, heißt es im Luxemburger Autorenlexikon. Und weiter: „Gemeinsam mit Peter Faber gestaltete er Kabarett-Abende im Casino und (sie) gründeten 1926 die Kantatenfabrik Faberstein, die 1931 in Manufacture Nationale des Cantates, kurz MANACA, umbenannt wurde.“ Heben wir hervor, dass Poutty Stein „über 200 ,oft respektlose, satirische und antiklerikale‘ Lieder verfasst hat, in welchen er „der luxemburgischen kleinbürgerlichen Gesellschaft den Spiegel vorhielt.“

Die Aufführung der Festkantate 1952, während der 700-Jahrfeier der Stadt Grevenmacher.
(Foto: Sterba, Gemeindearchiv Grevenmacher)

 

Damit wären wir beim „zweiten Mann“ der Festkantate, dem Komponisten Peter Faber (1900-1975), der P(o)utty Stein als Beamter bei der ARBED-Vertriebsgesellschaft COLUMETA kennen lernte und dessen „Vorliebe zum Chanson teilte“. (Luxemburger Autorenlexikon). Auf die gemeinsamen Aktivitäten des Duos Stein-Faber, genannt „Die Straßensänger“, haben wir bereits hingewiesen. Im Luxemburger Autorenlexikon erfahren wir weiter: Peter Faber, der ebenfalls bekannte Pfadfinderlieder schrieb, Musikkritiker der Luxemburger Zeitung war und 1961 Mitglied, später Vizepräsident, des Institut grand-ducal, Section de linguistique, de folklore et de toponymie wurde, (wo er wohl auf Will Reuland traf), und zudem von 1964 bis zu seinem Tod 1975 Mitglied der Wörterbuchkommission war, ebenfalls zusammen mit Will Reuland, vertonte viele Texte von Poutty Stein, so z. B. die Festkantate ‚Gre’vemacher‘“, was so manches erklärt.

Und wie erhielt die Grevenmacher Festkantate ihre heutige Form? Auch da weiß Will Reuland im Beitrag „Die Festkantate von Grevenmacher“ in der Broschüre „Chorale Municipale Grevenmacher 1848-1973“ die Antwort. Nachdem er ausführlich über das Entstehen der Kantate berichtet hat, schreibt er: „Einige Jahre später wurde der Text der Festkantate auf Betreiben des Bürgermeisters Victor Prost geändert und erhielt ihre heutige Form.“

Jetzt muss man unbedingt erwähnen, dass Victor Prost (1891-1959) von 1929 bis zu seinem plötzlichen Tod 1959 als Bürgermeister im Moselstädtchen wirkte und nicht nur um das Wohl der Bürger sehr bemüht war sondern sich auch intensiv für Kunst und Kultur einsetzte. Die Festkantate „Gre’vemacher“, die im lokalen Gemeindearchiv aufbewahrt wird – mit dem Vermerk „Copyright 1951 by P. Faber, Luxembourg“ – dürfte also auf Bestreben des damaligen Gemeindevaters und für die 700-Jahrfeier des Moselstädtchens entstanden sein.

Sozusagen als Gebet mutet der Schluss unserer Festkantate (in der jetzigen Schreibweise) an. Und dabei mag Abbé Jos. Hurt (1892-1962) seine Hände im Spiel gehabt haben…

Heelge Sankt Lorenz, grousse Patréiner,
Hal du den Daum a leet hiert Geschéck!
Maach Gréiwemaacher ëmmer nach schéiner,
Hinnen zum Wuel, dem Land zum Gléck!

Erinnerung an die 700-Jahrfeier des Freiheitsbriefes, 1952, gezeichnet von Abbé Jos. Hurt.
(Gemeindearchiv Grevenmacher)

                                                                                                                        Monique Hermes

 (Gemeindebulletin 6 + 7/2015 – Update: Juni 2022)

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